Mit diesem traumhaften Abendhimmel hat Lake Havasu City uns gestern bye bye gesagt und hoffentlich gibt das Wiedersehen recht bald. Nach sieben Tagen in der jungen Wüstenstadt möchten wir eigentlich gar nicht in die Kälte zurück und Tina hat mittlerweile sogar zugegeben, dass sie sich vorstellen kann, hier für eine Weile die Zelte aufzuschlagen – natürlich nicht im Glutofen der Sommer Arizonas, aber doch zumindest für die neun erträglichen Monate drumherum. Das Städtchen bietet mit seinen zahlreichen Restaurants und Bars, zwei Kinos, einer Discothek, einem Mall-Strip, diversen Supermärkten (von 05:00 Uhr bis Mitternacht geöffnet), haufenweise kleinen Geschäften, seinem Klima und seinen netten Einwohnern und Besuchern alles, was ein zivilisiertes Leben benötigt – und das mitten in der Wüste. Wer weiß, vielleicht kommen wir schon bald wieder und mieten uns im Januar/Februar mal für ein oder zwei Monate zum Probewohnen in ein vacation home ein – voll eingerichtete Ferienhäuser mit Annehmlichkeiten Pool und Internet gibt es zu Hauf und für Snowbirds zu Preisen ab $900 (~600 Euro) im Monat!
20 Meilen südlich von Lake Havasu City mündet der Bill Williams River in den Colorado River. Das Mündungsgebiet des Flußes ist ein Wildlife Refuge und wir haben es heute besucht – ohne zu wissen, dass uns ein absolut unwirkliches Szenario erwarten würde: Ca. 5 Meilen flußaufwärts von seiner Mündung sorgt das Wasser des Bill Williams River für eine Flora und Fauna, wie man sie im Norden der USA erwarten würde – nicht aber in den Wüsten Arizonas. Ein richtiger Wald mit Laub- und Nadelbäumen wie wir sie seit Colorado nicht mehr gesehen haben breitet sich im Fluß-Tal aus. Eine unbefestigte Piste führt in das Wildlife Refuge hinein, bis an den Wald, ab dort wird der sandige Boden zu locker und tief um normalen Fahrzeugen das Weiterkommen zu ermöglichen. Wir haben es uns aber natürlich nicht nehmen lassen uns zu Fuß in Richtung Fluß durch den Wald zu bewegen, wo wir auch prompt auf einen Maultierhirsch trafen, der offensichtlich keinerlei Ängste vor Menschen zu haben schien. Er posierte stolz und auch neugierig für unsere dankbaren Kameras, bevor er gemächlich davontrottete. Diese Begegnung veranlasste uns ein wenig genauer die Spuren im Sand zu betrachten und Tina entdeckte dabei riesige Abdrücke von Pranken – könnten die von einem Bergpuma, einem Mountain Lion stammen? Alleine der Gedanke daran ließ uns das Blut in den Adern gefrieren – schließlich sind wir ortsunkundig und vor allem unbewaffnet. Die Wildnis und das Tierreich in den USA ist nicht mit Europa zu vergleichen – hier kann es zu wirklich lebensbedrohlichen Begegnungen mit Klapperschlangen wie der Diamondback oder der Sidewinder Rattlesnake, Skorpionen, Schwarze Witwen, Bergpumas und auch Koyoten kommen. Schnellen Schrittes machten wir uns also lieber wieder zurück zu unserem Auto… wir haben übrigens immernoch keine Klapperschlangen gesehen und Tina ist darüber nicht mal unglücklich.
Wir haben den Ort, den ich per Zufall mit Google Earth entdeckt habe, mittlerweile besser kennengelernt und auch den einen oder anderen Trip durch die Stadt unternommen. Ja, Lake Havasu City ist ein Touristenort mit allem was dazu gehört – rund um die London Bridge gibt es ein touristisches Zentrum und die jenseits der Brücke liegende Insel ist mit einer Marina und den dazu gehörigen versnobten Hotels besetzt. Die Stadt in der Wüste ist gemessen an ihrer offiziellen Einwohnerzahl viel zu groß – was sicher daher rührt, dass viele Städter aus Arizona, Nevada und auch Kalifornien aber auch aus dem Rest der Vereinigten Staaten hier ihren Traum vom Ferienhaus oder sonnigen Altersruhesitz verwirklicht haben. Dieser Fakt sorgt für ruhige Wohngebiete mit schönen, teilweise sogar sehr ausgefallenen Häusern. Im Gegensatz zu den anderen Ecken, die wir bisher in den USA gesehen haben, wirkt Lake Havasu City gepflegt, sehr sauber, ja stellenweise beinahe schon vornehm, also wie ein Ort der Schönen und Reichen.
Leider ist es aber auch ein Ort der Motorboot-Besitzer, die ihre PS-Boliden nur zu gerne auf den See bringen und da Amerikaner dicke Motoren nicht nur in den Autos lieben, gibt es eine grosse Anzahl mit Motorbooten, die mehr als 400PS Leistung bringen. Da sorgt am See stellenweise für eine Lärmbelastung, die den Vergleich mit einer Rennstrecke nicht zu scheuen braucht. Aber welcher Resident hält sich schon am See auf – den meisten genügt es, einen Blick von ihrem Haus auf den Lake Havasu zu haben und da der See westlich der Stadt liegt und damit auch die Sonne jeden Abend hinter ihm versinkt ist das auch gut zu verstehen. Viele dieser Häuser stehen übrigens dank der Wirtschaftskrise zum Verkauf – von $77.000 bis $500.000 ist sicher für jeden Geschmack und Geldbeutel etwas dabei…