Nach dem Vegas-Trip haben wir jetzt insgesamt über 10.000 Kilometer in den Vereinigten Staaten zurückgelegt und zu unserem Erschrecken haben wir gerade festgestellt, dass wir eigentlich noch gar nichts gesehen haben. Wir haben 6 (zugegeben, Kalifornien sollten wir dabei vielleicht nicht wirklich mitzählen) von 50 Bundesstaaten bereist, haben Schnee und Staub gesehen, Hitze und Kälte erlebt, waren dabei auf Höhen von 400m bis auf 3400m über NN, haben unglaubliche Entfernungen bewältigt – und trotzdem haben wir bislang nur einen winzigen Bruchteil der USA gesehen. Dieses Land ist so unglaublich groß, dass uns Deutschland (bzw Europa insgesamt) mittlerweile richtig winzig vorkommt. Morgen geht es nach 6 Wochen erstmal zurück nach Deutschland, auch wenn wir gerne noch eine Weile geblieben wären – die Pflicht bzw. die Verpflichtungen rufen uns heim. Unseren vorerst letzten Abend in Colorado Springs haben wir genutzt, um doch noch Downtown zu gehen und Richards Geburtstag mit einem Essen in der “Le Crepeterie” zu feieren – das beste Mahl der letzten sechs Wochen fanden wir doch tatsächlich am letzten Abend in einem winzigen französischen Restaurant mit sechs Tischen in Downtown Colorado Springs…..
Einen ganzen Monat lang gelüstete es uns nun schon nach einer simplen Thunfischpizza – die Hiobsbotschaft lautet: Es war uns bislang nicht möglich eine Pizzeria aufzutreiben in der Pizza mit Thunfisch auf dem Menü steht. Einmal haben wir danach gefragt und haben Kopfschütteln und Naserümpfen für unser ausgefallenes Topping geerntet. Heute musste aber endlich mal eine Thunfischpizza her und es blieb uns in den Vereinigten Staaten wahrhaft nichts anderes übrig, als sie selbst herzustellen, was gar nicht so einfach ist: Fertigen Pizzateig gibt es nicht zu kaufen (und wenn es so wäre, dann wäre es einer dieser dicken Böden, wie man sie vom Pizza Hut kennt), also muss das Rezept aus der Erinnerung hergekramt werden: Mehl, Hefe, Wasser, Öl und Salz. Soweit so gut, wäre da nicht die Eigenart der Amerikaner, alle Gewichte, Volumina und Maßeinheiten generell anders zu handhaben als der Rest der Welt! Wieviel Cups sind denn nun 250 Gramm und wie soll man einen Viertel-Liter abmessen? Es ist uns gelungen, einen brauchbaren Teig herzustellen und auch die restlichen Zutaten inklusive teurem Thunfisch zu beschaffen. Beim Käse muss man in Amerika leider auch Abstriche machen – der geraspelte Mozarella, für den wir uns entschieden haben, ist im Rohzustand nichts anderes als geschmacklose Gummifäden. Nun ist also unsere Pizza fertig, Richard hat zwei Mädels hier, die gerne mit uns Essen möchten – der ideale Testballon für unser Mitbringsel: Thunfischpizza meets America! Es hat vorzüglich geschmeckt, nicht nur uns (endlich!!!) sondern auch unseren Gästen. Vielleicht sollten wir hier einfach eine Pizzeria eröffnen….
Am Abend waren wir noch aus, ein Essen mit Geschäftspartnern und der Filmcrew stand an – in einem Restaurant der Kette Applebees. Dass das Essen in den Staaten gewöhnungsbedürftig ist, haben wir schon festgestellt, jetzt waren wir gespannt darauf, wie das wohl in einer Gesellschaft von statten geht. Man muss am Eingang des Restaurants warten, bis man von einem Kellner in Empfang genommen wird, der zähltt die Gruppe durch und schnappt sich gleich mal so viele Bestecksets wie Gäste vor ihm stehen und geleitet einen dann sogleich zu einem Tisch.
Auch in einem gehobenen amerikanischen Restaurant gibt es überwiegend Fingerfood, von Burgern über Mozarella Sticks, Sliders bis hin zu Ribletts, Amerikaner essen eben am liebsten mit den Fingern. Und wenn sie dann doch mal ihr Besteck benutzen müssen, dann scheiden sie ihr Essen mit Messer und Gabel – ganz so wie wir auch, mit dem eklatanten Unterschied, dass Amerikaner, sobald sie ein Stück mundgerecht geschnitten haben, das Messer beiseite legen und die Gabel von der linken in die rechte Hand wechseln um sich das soeben geschnittene dann mit der rechten Hand in den Mund zu stecken. Umständlicher geht es wohl kaum *lach* Unsere europäischen Tischmanieren haben nun schon mehrfach Aufmerksamkeit erregt, anständig mit Messer und Gabel zu essen ist hier keine Selbstverständlichkeit!
Das Essen insgesamt ist in der Regel einfach nur geschmacklos zubereitet, warum sollte es auch gewürzt werden, schliesslich steht ja auf jedem Tisch eine Flasche Ketchup von Heinz, den die Amis sich auf beinahe jede Speise schütten. Kaum hat man den Teller leer, kommt der Kellner angewetzt um ihn abzuräumen – man hat uns gesagt, dass er auf diese Weise schneller dazu kommt, seine Rechnung zu schreiben. Und in der Tat… die Rechnung bekommt man sofort nach dem Essen ohne danach fragen zu müssen auf den Tisch gestellt.
Übrigens: In den USA verdienen Kellner ihren Lebensunterhalt hauptsächlich durch das Trinkgeld, den “tip”. Das Trinkgeld sollte 10-20 Prozent des Rechnungsbetrages ausmachen, 10%-15% gibt es für durchschnittlichen Service, um 20% tip zu geben, sollte man schon persönlich vom Kellner gefüttert werden – Europäer neigen übrigens dazu, viel zu viel Tip zu geben, wie Richard uns versicherte. Wir werden das beherzigen….