Dank den ohrenbetäubenden Hörnern der Amtrak-Züge hat es uns um 6am aus dem Bett gehauen, draussen ist es bitterkalt, auf den Autos vor dem Hotel hat sich Eis gebildet – aber der Himmel in Flagstaff ist strahlend blau und die Sonne scheint, für Phoenix sind heute 33°C angesagt und so kochen wir uns auf unserem großzügigen Zimmer erstmal einen Kaffee und warten ab, bis Richard Lust auf Frühstück hat – schnell zwei Donuts und einen Kaffee reingezerrt und ausgecheckt, schon sitzen wir wieder im Truck und bekommen auf der Suche nach einem Postamt doch eine ganze Menge von Flagstaff zu sehen. Es ist ein kleiner (60.000 Einwohner) wunderschöner Bergort auf 2100m Höhe, mitten in Nadelwäldern gelegen, die sich malerisch durch die Stadt ziehen. Im Sommer lässt es sich hier sicher wundervoll leben, im Winter so hören wir gibt es hier für unseren Geschmack etwas zu viel Schnee *brrr* Unsere heutige Route beträgt zwar nur rund 150 Meilen, die werden es aber aufgrund der klimatischen Unterschiede zwischen Flagstaff und Phoenix sicher in sich haben. In dem Wissen, dass wir auf dem Rückweg das schöne Flagstaff wiedersehen werden, machen wir uns auf der Interstate 17 in südlicher Richtung auf den Weg, down to the Valley of the Sun, wie man die Gegend um Phoenix auch nennt. Die Freeway führt eine ganze Weile durch den Sitegreaves National Forest, tolle Nadelwälder, die zum Wandern einladen.
Der Freeway führt plötzlich eine kleine Kuppe hinauf, rechts steht ein Schild “Scenic View” und wir bitten Richard, doch an diesem Aussichtspunkt einmal anzuhalten, der Truck rollt auf die Schotterpiste abseits der Strasse und vor uns tut sich ein Tal auf, dass einem ohne Übertreibung den Atem stocken lässt. Wir schnappen unsere Kameras, steigen aus dem klimatisierten Auto und bekommen erstmal leichte Kreislaufprobleme, denn die kühle Morgenluft von Flagstaff ist einer aufkommenden Hitze gewichen, die ahnen lässt, wohin wir fahren.
Ab diesem Punkt führt der Freeway über Meilen und Meilen mit einem Gefälle von 6% bergab und mit jedem Meter, dem wir dem Meeresspiegel näher kommen, ändert sich draußen die Vegetation. Sieht man zunächst nur vereinzeilt kleine Kakteen an den felsigen Hängen stehen, so sind die Hänge kurze Zeit später schon übersät mit dem meterhohen Organ Pipe Cactus – ein klarer Indikator, dass wir wieder in der Wüste sind. Und kaum, dass wir in der ebenenen Wüste sind, baut sich der Freeway zu einem achtspurigen Asphaltband auf – es ist nicht zu übersehen, dass wir uns der fünftgrößten Stadt der Vereinigten Staaten nähern. Das Valley of the Sun stellt einen der 13 größten und gleichzeitig am schnellsten wachsenden städtischen US-amerikanischen Großräume dar und entsprechend gross ist die Entfernung bis zum Mittelpunkt dieses Ballungsraums. Die Kakteen sind ab hier den von Menschenhand gepflanzten Palmen gewichen. Wir haben nur wenig Mühe unser Hotel in Tempe zu finden – Tempe ist zwar eine eigene Stadt im Maricopa County, aber die Grenzen zwischen Phoenix und den angrenzenden Städten wie Scottsdale, Glendale, Tempe und Chandler sind fliessend. Verkehr, wo man nur hinschaut, mehrspurige Freeways kreuzen sich, führen übereinander, Flugzeuge kreuzen in geringer Höhe – so muss Megapolis aussehen.
Es ist Freitag nachmittag, wir haben nach 850 Meilen unser Etappenziel erreicht und unseren Termin eingehalten. Ab jetzt ist Business angesagt – wir treffen gemeinsam mit Richard zuerst Geschäftspartner in Scottsdale, danach steht noch ein Meeting der besonderen Art an… wir werden bis Dienstag in Tempe bleiben und ganz sicher reicht diese Zeit noch nicht einmal aus, um sich auch nur einen groben Überblick zu verschaffen – leider. Das Klima entspricht jedenfalls unseren Vorstellungen – es ist immerhin Ende Oktober und für die kommenden sieben Tage sind Sonnenschein bei jeweils über 30°C angesagt…. sonnige Grüße nach Deutschland an dieser Stelle *fg