12. November 2009
Mit diesem traumhaften Abendhimmel hat Lake Havasu City uns gestern bye bye gesagt und hoffentlich gibt das Wiedersehen recht bald. Nach sieben Tagen in der jungen Wüstenstadt möchten wir eigentlich gar nicht in die Kälte zurück und Tina hat mittlerweile sogar zugegeben, dass sie sich vorstellen kann, hier für eine Weile die Zelte aufzuschlagen – natürlich nicht im Glutofen der Sommer Arizonas, aber doch zumindest für die neun erträglichen Monate drumherum. Das Städtchen bietet mit seinen zahlreichen Restaurants und Bars, zwei Kinos, einer Discothek, einem Mall-Strip, diversen Supermärkten (von 05:00 Uhr bis Mitternacht geöffnet), haufenweise kleinen Geschäften, seinem Klima und seinen netten Einwohnern und Besuchern alles, was ein zivilisiertes Leben benötigt – und das mitten in der Wüste. Wer weiß, vielleicht kommen wir schon bald wieder und mieten uns im Januar/Februar mal für ein oder zwei Monate zum Probewohnen in ein vacation home ein – voll eingerichtete Ferienhäuser mit Annehmlichkeiten Pool und Internet gibt es zu Hauf und für Snowbirds zu Preisen ab $900 (~600 Euro) im Monat!
Ich leide beinahe einmal wöchentlich unter Migräne und habe von meinem Hausarzt dafür verschreibungspflichtige Medikamente bekommen – Sumatriptan hilft mir super. Da wir nun länger in den USA bleiben werden als ursprünglich geplant, gehen meine Tabletten zur Neige und werden für die Dauer unseres Trips sicher nicht ausreichen. Also habe ich mich in der Pharmacy (Apotheke) informiert, ob ich meine Medikamente bekommen könnte. Sumatriptan ist in den USA ebenso verschreibungspflichtig wie in Deutschland – ich brauche also ein Rezept, um sie zu bekommen. Die Apothekerin war so nett, mich an Troyer Urgent Care zu empfehlen, ein Carecenter, an das man sich in medizinischen Notfällen wenden kann und wo auch Rezepte ausgestellt werden. Ein kurzer Anruf und ich sollte am nächsten Morgen um 7:00 Uhr ins Carecenter kommen.
Wie bei einem Arzt in Deutschland muss erstmal Papierkram erledigt werden – wer man ist, warum man da ist und die medizinische Vorgeschichte, ob man krankenversichert ist – das alles auf vorgefertigten Fragebögen. Dann kommt der Hammer: Ich will nur ein Rezept für mein Migränemittel, doch bevor ich überhaupt einen Arzt zu sehen bekommen, teilt mir die Sprechstundenhilfe mit, dass mich das mangels amerikanischer Krankenversicherung $150 kosten wird – im Vorraus, meine Kreditkarte wird natürlich auch hier gerne akzeptiert. Zum Glück habe ich eine Auslandskrankenversicherung, die mir die Kosten später erstatten wird – trotzdem ist der Preis heftig. Mein Arzt in Deutschland berechnet mir (als Privatpatient) für das Ausstellen eines Rezeptes 16,45 Euro – hier darf ich gleich mal 100 Euro hinlegen. Nach dem ich per Kreditkarte bezahlt habe, werde ich auch sogleich ins Behandlungszimmer geführt, bekomme Blutdruck und Fieber gemessen, werde gewogen. Dann kommt eine junge Ärztin und verhört mich kurz, wozu ich das Medikament brauche, wie und wann ich es gewöhnlich einnehme. Dabei hört sie meine Atmung ab und beschwert sich, dass ich Raucher bin – diese Rüge ist in den $150 offensichtlich inklusive *grrr*
Keine drei Minuten später halt ich mein Rezept in den Händen und bringe es gleich in die pharmacy, wo mich der nächste Hammer erwartet: 10 Tabletten des Medikamentes kosten mich in Deutschland rund 32 Euro – die Apothekerin will $220 dafür. Mir platzt der Kragen, denn das wären jetzt insgesamt $370 (~250 Euro), nur damit ich mein Medikament bekomme. Ich beschimpfe sie – natürlich auf deutsch, was der ganzen Sache sicherlich einen gewissen Nachdruck gegeben hat, und siehe da: Auf einmal bietet sie mir ein Wirkstoff-Generika meines Medikamentes an – das kostet mich jetzt nur noch $30 für 10 Pillen. Jetzt habe ich also für $180 (~121 Euro) das berhalten, was mich in Deutschland rund 50 Euro kostet. Sicher werde ich als Urlauber auch hier als Privatpatient behandelt und das sagt ganz sicher nichts über das amerikanische Gesundheitssystem aus, merke trotzdem: Ein Besuch bei einem Arzt in den USA kann schon für so eine “Lapalie” wie ein Rezept für ein Migränemittel ganz schön teuer werden, zum Glück habe ich eine Versicherung abgeschlossen…
Ich hätte nie gedacht, dass mir der Anblick eines VW Golf einmal vorkommen würde wie der Blick auf eine Modelleisenbahnszenerie. In den USA ist alles ein bischen größer – die Entfernungen, die Portionen, die Getränkebecher und eben auch die Autos. Dem durchschnittlichen Amerikaner scheint ein riesiges Auto aber bei weitem noch nicht zu genügen – es wird gepimpt und gepimpt, was das Zeug hält. Während deutsche Tuningfreaks versuchen ihre VWs, BMWs und Opels so tief wie möglich auf die Strasse zu bekommen geht der Trend in den USA genau in die umgekehrte Richtung: Je höher der Pickup umso besser, so jedenfalls unser Eindruck. Die Tatsache, dass es in den Vereinigten Staaten keinen TÜV gibt, befördert den geneigten Truck-Besitzer in die Gelegenheit, jeden erdenklichen Wahnsinn mit seinem Gefährt anzustellen und es so in ein echtes Auto-Monster zu verwandeln – so hat bespielsweise Richards Truck angeschweisste, scharfkantige Stahlaufbauten, bei denen jeder TÜV- oder Dekra-Prüfer die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und sofort die Plakette vom Kennzeichen kratzen würde. Doch Umbauten sind nicht die einzigen Hingucker auf amerikanischen Strassen, auch Oldtimer und sogar selbstgebaute Autos gehören zum ganz alltäglichen Strassenbild. Nein, die Umwelt- und Spritverbrauchdebatte wollen wir an dieser Stelle nicht anheizen – im Land der grenzenlosen Freiheiten würde das ganz sicher keinen Sinn machen sondern eher zu wilden Schießereien führen. Wir haben schon ein paar Bilder von wirklich kuriosen Monster-Autos gemacht und ein paar wollten wir an dieser Stelle einfach mal präsentieren (diese Bilder stammen alle aus dem normalen Strassenverkehr und nicht von einer Autoshow!)
Nachdem mir am Dienstag die VISA-Karte gesperrt wurde habe ich bereits am heutigen Donnerstag um 11:50 am eine neue Kreditkarte per Fedex-Express bekommen – vielen lieben Dank an die engagierten Mitarbeiter in der Dresdner Bank für das rasche Krisenmanagement! Damit wäre das erste Problem gelöst – bleibt jetzt nur noch der Reifen für unseren Mietwagen, der ja morgen am Freitag kommen soll. Ohne Kreditkarte und ohne einsatzbereites Fahrzeug haben wir den Tag heute wirklich faul verbracht, waren nur ein bischen Bummeln, haben Mittags ein Bad im Hot Tub des Hotels genossen und danach ein ausgedehntes Mittagsschläfchen gehalten. Relaxen muss halt auch mal sein…
11. November 2009
Nachdem wir uns heute nach dem Bill Willams River Besuch nicht sonderlich wohl fühlten, legten wir uns für 3 Stunden nieder. Inzwischen war es schon 16 Uhr und zu spät um nochmal auf Erkundungstour zu gehen. Kurzer Hand entschlossen wir uns shoppen zu gehen. Also ab ins Auto und los, noch auf dem Hotelparkplatz bemerkten wir ein eigenartiges Geräusch, das von hinten zu kommen schien. Sascha meinte nur “es kommt von hinten” und fuhr weiter, ich drängte ihn zu stoppen, stieg aus dem Auto und schon sah ich das Malheur, ein Plattfuss hinten. Tolle Sache, das nächste Problem – ein Reifenschaden am Mietwagen! Wir baten in der Rezeption einen Abschleppwagen zu rufen, der uns in die nächste Reifenwerkstatt schleppen sollte. Nach 20 min. Wartezeit kam hier ein Abschlepp Truck von Camel Towing an, völlig abgefuckt sowohl der Truck als auch der Fahrer, welcher total genervt war. In der Werkstatt dann der Hammer: Unser GMC Acadia, ist ein brandneues Modell und braucht zudem noch spezielle Reifen, die erst in 5 Werktagen geliefert werden können. Sascha konnte den Manager des Ladens überzeugen einen Reifen per Express zu beschaffen. Hoffentlich ist dieser Reifen Freitag da. Fazit: eine Nacht mehr in Lake Havasu und Kosten von 300 Dollar, die dann hoffentlich die Autovermietung übernimmt.
20 Meilen südlich von Lake Havasu City mündet der Bill Williams River in den Colorado River. Das Mündungsgebiet des Flußes ist ein Wildlife Refuge und wir haben es heute besucht – ohne zu wissen, dass uns ein absolut unwirkliches Szenario erwarten würde: Ca. 5 Meilen flußaufwärts von seiner Mündung sorgt das Wasser des Bill Williams River für eine Flora und Fauna, wie man sie im Norden der USA erwarten würde – nicht aber in den Wüsten Arizonas. Ein richtiger Wald mit Laub- und Nadelbäumen wie wir sie seit Colorado nicht mehr gesehen haben breitet sich im Fluß-Tal aus. Eine unbefestigte Piste führt in das Wildlife Refuge hinein, bis an den Wald, ab dort wird der sandige Boden zu locker und tief um normalen Fahrzeugen das Weiterkommen zu ermöglichen. Wir haben es uns aber natürlich nicht nehmen lassen uns zu Fuß in Richtung Fluß durch den Wald zu bewegen, wo wir auch prompt auf einen Maultierhirsch trafen, der offensichtlich keinerlei Ängste vor Menschen zu haben schien. Er posierte stolz und auch neugierig für unsere dankbaren Kameras, bevor er gemächlich davontrottete. Diese Begegnung veranlasste uns ein wenig genauer die Spuren im Sand zu betrachten und Tina entdeckte dabei riesige Abdrücke von Pranken – könnten die von einem Bergpuma, einem Mountain Lion stammen? Alleine der Gedanke daran ließ uns das Blut in den Adern gefrieren – schließlich sind wir ortsunkundig und vor allem unbewaffnet. Die Wildnis und das Tierreich in den USA ist nicht mit Europa zu vergleichen – hier kann es zu wirklich lebensbedrohlichen Begegnungen mit Klapperschlangen wie der Diamondback oder der Sidewinder Rattlesnake, Skorpionen, Schwarze Witwen, Bergpumas und auch Koyoten kommen. Schnellen Schrittes machten wir uns also lieber wieder zurück zu unserem Auto… wir haben übrigens immernoch keine Klapperschlangen gesehen und Tina ist darüber nicht mal unglücklich.
10. November 2009
Nein, die Amerikaner können keinesfalls ohne ihr geliebtes Eis, allerdings findet man die Eiswürfel nicht nur massenhaft in jeglichen Getränken sondern auch, wie auf dem Bild bei einem chinesischen Restaurant zu sehen ist, in der Herren-Toilette. Der Blick in ein mit Eiswürfeln gefülltes Pissoir ist ziemlich überraschend und man kann verstehen, dass die Herren der Schöpfung grinsend vom Klo zurückkommen: Beim warmen Abstrahlen der Würfel schmelzen diese rapide unter knirschenden Geräuschen ab. Kurios, kurios…
Heute wollten wir eigentlich den Highway 95 über den Parker Dam und Quartzsite bis nach Yuma an der Grenze zu Mexiko hinuntercruisen und dann rüber nach Kalifornien machen – der Highway führt hinter Quartzsite durch einen Teil der Sonoran Wüste. Auf halber Strecke nach Yuma fährt man durch den Kofa National Wildlife Refuge und ein dezentes Schild mit einem Hinweis auf den Palm Canyon erregte unsere Aufmerksamkeit – insbesondere da nur eine Schotterpiste vom Highway in die 7 Meilen entfernten Berge abzweigte. Wozu haben wir unsere Bergstiefel mitgebracht und einen Allrad-SUV gemietet wenn nicht genau für diesen Zweck? Am Fuße des Berges mit dem bezeichnenden Namen Signal Peak endet die als “rough ride dirt road” ausgeschriebene Schotterpiste, wir also rein in die Bergschuhe und ab in den Canyon. Wenn man auf dem Geröll läuft, kann man hören wie trocken selbst die Heimat der Kakteen, die Steine, hier sind. Umso überraschter waren wir am Ende des Canyons, der nicht nur einen grandiosen Blick über die Ebene der Wüste, sondern in der Tat in einer winzigen, von außen nicht einsehbaren Felsspalte einer ganzen Familie kalifornischer Fächerpalmen ein unwirkliches Zuhause bietet. Diese handvoll Palmen hier draußen in der Wüste ist tatsächlich das einzige in Arizona natürliche Palmenvorkommen – alle Artgenossen, von denen es reichlich in Arizona gibt, wurden von Menschenhand gepflanzt. Neben den Palmen als Sehenswürdigkeit bietet das Kofa National Wildlife Refuge noch weitere Highlights: Die absolute Stille, die nur durch das sanfte Säuseln des Windes und dann und wann vom Geheul eines Koyoten begleitet wird. Dieser Abstecher hat sich gelohnt, auch wenn wir dafür unser eigentliches Tagesziel sausen lassen mussten – die Herbsttage sind auch in Arizona mit 10 Stunden Sonnenlicht leider viel zu kurz – dafür haben wir heute wenigstens noch einen Kitfox in der Wüste getroffen, während wir einen der goldenen Sonnenuntergänge in einem sandüberfluteten Nachbartal bewundern durften….
9. November 2009
Irgendein W*chser hat versucht, meine Kreditkartendaten zum Angriff auf eine Site im Internet zu verwenden – VISA hat daraufhin sofort meine Kreditkarte komplett gesperrt. War ganz schön peinlich an der Kasse mit dem Hinweis “card is declined” abgewiesen zu werden. Nach einem nächtlichen Telefonat mit meiner Bank in DE wird sie mir jetzt hoffentlich bis Donnerstag eine neue VISA-Karte per UPS zukommen lassen, ansonsten könnte das weitere Programm insbesondere hinsichtlich Motel- und Hotelbuchungen problematisch werden. *grrrrrrr* Merke: Wer in den USA unterwegs ist, sollte besser zwei Kreditkarten am Start haben – sicher ist sicher!
8. November 2009