22. November 2009
Eigentlich waren wir an diesem Sonntag Morgen schon auf dem Weg nach Las Vegas, als Richard an der Tankstelle eine dicke Bolzenschraube entdeckt die mitten im rechten Hinterrad seines Trucks steckte. Die Stimmung war im Keller, denn die Aussichten jetzt sofort Hilfe bzw. eine Reifenwerkstatt zu finden tendierten gegen Null und wir sahen unseren Las Vegas Trip schon dahinschwinden. Zum Glück hat das Tire & Lube Center des Walmart in Colorado Springs auch am Sonntag ab 07:00 Uhr geöffnet – dort hat man uns den Reifen für schlappe $10 auf der Stelle repariert (das ist Service!) während wir durch den Walmart gebummelt sind und so konnten wir dann mit zwei Stunden Verspätung doch noch gen Westen fahren
20. November 2009
Heute ist, wie die letzten Tage auch schon, herrliches Wetter in Colorado Springs. Die Nächte sind zwar eisig, aber die Tage sind so wundervoll dass sogar der Schnee schon fast komplett abgeschmolzen ist. Heute habe ich das Wetter genutzt, um mich mal ein wenig in der Neighborhood, also unserer Nachbarschaft umzusehen, die wie ganz Colorado Springs am Fuße der Frontrange der Rocky Mountains mit dem alles überragenden, 4.301 Meter hohe Pikes Pike ist. Der Ortsteil, in dem wir zu Gast sind, nennt sich Knob Hill, er liegt auf rund 1900 Metern Höhe und ist ganz sicher keiner dieser noblen Stadtteile, in denen alle Häuser und Dächer die gleiche Farbe und in denen Autos nicht auf der Strasse abgestellt werden dürfen, nein – Knob Hill ist ein Ort der Mittelschicht. Entgegen der mittlerweile üblichen Praxis, in der ganze Siedlungen von nur einem Bauherren im Einheitslook aus dem Boden gestampft um dann an Eigentümer verkauft zu werden, ist Knob Hill eine natürlich gewachsene Nachbarschaft, kein Haus gleicht dem anderen und die Strassen sind gesäumt von alten Baumbeständen. Es sind wirklich niedliche Häuser dabei – bitte seht mir nach, wenn ich keine Bilder davon gemacht habe – ich traue mich nicht wirklich einfach fremde Häuser von der Strasse aus zu fotografieren. Dabei würde sich das wirklich lohnen, den die meisten Häuser sind wirklich süß dekoriert, nicht nur mit dem Star-Spangled Banner, das ohnehin überall zu wehen scheint.
Es geht auf Weihnachten zu und viele Häuser werden schon dafür hergerichtet. Der ältere Herr auf dem Foto ist nur ein gutes Beispiel dafür, wieviel Arbeit sich die Amerikaner damit machen. Er hat mir auch verraten, dass er das Haus ab Thanksgiving (eine Art Erntedankfest) leuchten lassen wird. Ich werde es dann ganz sicher noch einmal fotografieren – im Dunkeln. Vieles kommt einem extrem klischeehaft vor wenn man durch die Strassen der Nachbarschaft läuft – doch wahrscheinlich ist es nur so, dass einem die Vereinigten Staaten aus den Medien schon so vertraut sind, aber dabei vergessen hat, dass die Bilder aus der Flimmerkiste die amerikanische Realität abbilden. Wäre es nicht so kühl in Colorado Springs und würde einem die dünne, trockene Luft nicht so zu schaffen machen – in Knob Hill könnte man es ganz sicher aushalten.
19. November 2009
Einen ganzen Monat lang gelüstete es uns nun schon nach einer simplen Thunfischpizza – die Hiobsbotschaft lautet: Es war uns bislang nicht möglich eine Pizzeria aufzutreiben in der Pizza mit Thunfisch auf dem Menü steht. Einmal haben wir danach gefragt und haben Kopfschütteln und Naserümpfen für unser ausgefallenes Topping geerntet. Heute musste aber endlich mal eine Thunfischpizza her und es blieb uns in den Vereinigten Staaten wahrhaft nichts anderes übrig, als sie selbst herzustellen, was gar nicht so einfach ist: Fertigen Pizzateig gibt es nicht zu kaufen (und wenn es so wäre, dann wäre es einer dieser dicken Böden, wie man sie vom Pizza Hut kennt), also muss das Rezept aus der Erinnerung hergekramt werden: Mehl, Hefe, Wasser, Öl und Salz. Soweit so gut, wäre da nicht die Eigenart der Amerikaner, alle Gewichte, Volumina und Maßeinheiten generell anders zu handhaben als der Rest der Welt! Wieviel Cups sind denn nun 250 Gramm und wie soll man einen Viertel-Liter abmessen? Es ist uns gelungen, einen brauchbaren Teig herzustellen und auch die restlichen Zutaten inklusive teurem Thunfisch zu beschaffen. Beim Käse muss man in Amerika leider auch Abstriche machen – der geraspelte Mozarella, für den wir uns entschieden haben, ist im Rohzustand nichts anderes als geschmacklose Gummifäden. Nun ist also unsere Pizza fertig, Richard hat zwei Mädels hier, die gerne mit uns Essen möchten – der ideale Testballon für unser Mitbringsel: Thunfischpizza meets America! Es hat vorzüglich geschmeckt, nicht nur uns (endlich!!!) sondern auch unseren Gästen. Vielleicht sollten wir hier einfach eine Pizzeria eröffnen….
17. November 2009
Nach 11 Tagen und 2.900 Meilen (4.667 Kilometer) sind wir wieder in Colorado Springs – und bereuen es schon. Hier liegt tonnenweise von dem weißen Zeug namens Schnee rum und die Temperaturen liegen nachts unter dem Gefrierpunkt. Nochmal kurz zur Erinnerung: Vor nicht mal 48 Stunden waren wir noch in den Wüsten Arizonas unterwegs – das strapaziert den Organismus mächtig, darum werden wir uns jetzt ein paar Tage bei Richard im Keller verkriechen und mal ein bischen arbeiten. Wir sind jetzt 26 Tage in den USA aber es kommt uns vor wie eine Ewigkeit – wir haben weit über 2000 Bilder geschossen, waren in vier Bundesstaaten unterwegs, haben dabei insgesamt 4.700 Meilen (7.563 Kilometer) zurückgelegt und doch eigentlich noch gar nichts von diesem riesigen Land gesehen – die Entfernungen in den USA sind immens und aus der Ferne betrachtet erscheint uns Deutschland nun winzig klein – was bitte ist eine Fahrt von Hamburg nach München im Vergleich zu einer einzigen Fahrt von Colorado Springs nach Phoenix? Wir bevorzugen dabei übrigens Phoenix und hätten nicht schlecht Lust, wieder einen Wagen zu mieten und der Kälte in Richtung Arizona zu entfliehen *gg
15. November 2009
14. November 2009
Dank dem nächlichen Hotelwechsel war es eine verdammt kurze Nacht, wir haben einen Wintereinbruch im Nacken, der Mietwagen muss Montag in Colorado Springs sein – viel Zeit für Wickenburg bleibt da leider nicht. Heute steht Autofahren auf dem Programm – um dem Schnee in den Bergen rund um Flagstaff auszuweichen haben wir uns eine Route ostwärts durch Arizona ausgesucht, auf der wir keinen Schnee zu erwarten haben und uns um 8:00 Uhr auf den Weg gemacht – nach einem einigermaßen genießbaren Kaffee von Starbucks.
Dass das Stück Highway bis Congress unser letzter Besuch in der Wüste sein sollte ahnten wir nicht. Hinter Congress schraubt sich der White Spar Highway (AZ-89 N) hoch in die Weaver Mountains – bis nach Prescott schlängelt sich die Strasse an schroffen Bergen entlang, diese Strecke ist ganz sicher ein Traum für Motorrad-Fahrer. Prescott Downtown ist voll das Klischee vom Westen – ein Cowboy-Souvenirshop reiht sich unter dem Namen Whiskey Row an den nächsten, aber zumindest sehen wir mal wieder so etwas wie eine Innenstadt. Die Zeit drängt, wir müssen weiter – weiter ostwärts.
Östlich von Prescott bekommt Arizona erneut ein ganz neues Gesicht: Der Arizona Highway 260 führt von nun ab durch Wälder – diese Wälder sind so ebenso endlos wie die endlosen Wüstenebenen, die wir bislang gesehen haben. Es gibt einige total süße Orte wie Strawberry oder Pine, aber im großen und ganzen gibt es nicht als Wald und so fahren wir vom Tonto National Forest in den Sitegrave National Forest, der wieder ein bischen höher liegt. Wir amüsieren uns noch über die fetten Wolken, die an dem waldigen Berg hängen – bis wir realisieren, dass unser Highway uns gerade genau dorthin führt. Keine 5 Minuten später ist das Thermometer um 10 Grad gefallen, draussen herrscht Nebel und wir sichten die ersten Schneeflocken – holy shit, das wollten wir eigentlich vermeiden, indem wir hier langfahren. Zum Glück hört es hinter Heber-Overgaard wieder auf zu schneien – dafür entdecken wir riesige verbrannte Wälder. Jeder von uns hat grosse amerikanische Waldbrände im Fernsehen gesehen, aber wenn man dann einmal vor den endlosen verbrannten Weiten steht, wo früher einmal Wald war, dann begreift man schnell, wie katastrophal und verheerend solche Ereignisse sind.
Wir erreichen den Highway 60, der uns nach New Mexico bringen soll – hinter Springerville, das sich als Gate to the White Mountains bezeichnet, wieder geht es hinauf bis auf 2500m – aber diesmal geht es nicht wieder gleich runter. Eine riesige, öde Hochebene tut sich vor uns auf, dann versinkt die Sonne hinter den Bergen. Wir haben noch 3 Stunden Fahrt bis nach Socorro vor uns, 3 Stunden geradeaus durch die dunkle Nacht – es gibt keine Häuser mehr da draussen, kaum Verkehr auf diesem Highway, kein Licht, einfach nichts. Während eines Pinkelstopps bleiben wir ganz ruhig stehen und lauschen angestrengt in die Dunkelheit – außer dem Rauschen des Blutes in den eigenen Ohren gibt es keine Geräusche und außer der funkelnden Milchstrasse über unseren Köpfen auch kein Licht. Gespenstische Einsamkeit. Umso erleichterter sind wir jedesmal, wenn wir einen dieser winzigen Orte mit einer Tankstelle und einer Bar passieren – zumindest alle 50 Meilen gibt es doch noch Menschen. In Socorro angekommen fallen wir ins Bett und starren ins Fernsehen: Die Kaltfront hat sich mit Schneefällen über Colorado und Nord-New Mexico festgesetzt – Denver hat schon 40cm Schnee, war der ganze Umweg umsonst?
Ein alter Mann hat uns neulich gesagt, wir müssten Bedbugs mehr fürchten als Klapperschlangen und dieser Rat fiel uns eben wieder ein als Tina in unserem Hotelzimmer tatsächlich Bettwanzen, die bekanntlich Krankheiten wie Hepatitis übertragen, entdeckt hat. Ja, wir wollten den Westen erleben, aber so wild und authentisch soll er dann doch nicht sein. Die Tante am Frontdesk des Hotels hat ob dieses Problems ziemlich überrascht getan als ich sie fragte “Are those bedbugs included in the price?” und uns dann in das letzte verfügbare freie Zimmer verlegt – natürlich ein Nichtraucherzimmer *grrrr* Bislang haben wir mit Super8 Motels eigentlich keine schlechten Erfahrungen gemacht und in einem $100 Zimmer sollte das wirklich nicht vorkommen. Wenn wir Wild-West-mäßig in einem Pferdestall auf Heu schlafen würden, würden wir es ja vielleicht noch einsehen… in diesem Sinne, jetzt eine hoffentlich wanzenfreie Nacht!
Nachtrag: Leider haben wir nach kurzer Zeit auch in dem neuen Zimmer Bettwanzen entdeckt, haben sofort unsere Sachen gepackt und aus dem Hotel ausgecheckt – mittlerweile war der Manager vor Ort und er bestand darauf, sich von uns die Bettwanzen zeigen zu lassen. Behauptet der Typ doch frech, das seien keine Bettwanzen, schliesslich seien sie nicht auf dem Bett sondern an Wand und Decke zu finden. Er merkte, dass es uns ernst war und gestand dann ein, dass der Terminator (Kammerjäger) die Woche schonmal da war – wir jedenfalls waren weg und mussten mitten in der Nacht ein neues Zimmer finden – das Rancho Grande (Best Western) in Wickenburg ist sehr gemütlich, mindestens 50 Jahre alt, billiger als das Super8 und vor allem: wanzenfrei!
13. November 2009
Der Reifen hat ein wenig länger gedauert (trotzdem vielen Dank an Dave, den Manager von Discount Tires in Lake Havasu City für seine Bemühungen – Spitzenservice!) und so konnten wir erst um 16:00 losfahren. Da die Sonne aber schon um 17:40 Uhr untergeht war klar, dass uns unsere Route heute nicht mehr viel weiter als 150 Meilen bringen würde, zumal es nach Sonnenuntergang wirklich sehr mühsam ist, auf den endlos geradeaus führenden Highways die Konzentration zu behalten und nicht einzuschlafen. So sind wir heute kurz nach Einbruch der Nacht in einem Westernstädtchen namens Wickenburg gelandet. Viel sehen konnten wir von der Stadt zwar noch nicht, aber die ersten echten Cowboys haben wir schon gesichtet und wir konnten auch in Erfahrung bringen, dass die Stadt 1862 von dem Deutschen Henry Wickenburg gegründet wurde. Henry hatte im damaligen Goldrausch einen wahren Schatz entdeckt: Die Vulture Mine bescherte ihme einen Reichtum von sagenhaft $30 Mio Dollar in Gold. Wir werden gleich mal nach dem Frühstück auschecken was von den deutschen Wurzeln der Stadt geblieben ist.
Es ist Freitag 9:51 am, wir sitzen im Hotelzimmer und warten darauf, dass der Reifen für unsere Weiterfahrt geliefert wird. Im Fernsehen läuft der Weatherchannel auf Kanal 7, das nationale Wetterfernsehen ist für uns das wichtigste Medium neben dem Internet während unseres Trips geworden. Von Nordwesten zieht eine Kaltfront mit Schnee herein, das Wetter will auf unserem Trip Richtung Colorado Springs mal wieder nicht mitspielen, denn für unsere geplante nördliche Route zurück, die Abstecher zu solch reizvollen Zielen wie das Valley of Fire und den Arches Nationalpark ermöglichen würde, sind Temperaturen um den Gefrierpunkt und von Grand Junction bis nach Denver (die Rockies) Schneefälle vorrausgesagt. Die südliche Route sind wir nun schon zweimal gefahren und nochmal müssen und wollen wir uns das nicht wirklich geben. Vermutlich werden wir die südliche Route einfach noch weiter südlich ausdehen um wenigstens noch etwas neues und mehr von Arizona zu sehen…. hoffentlich spielt das Wetter dann Ende November wieder mit, wenn wir in Las Vegas sind – von dort sind zumindest das Valley of Fire und das Death Valley noch drin.